Echo der Politik

An dieKopie an
Staatsministerin für UmweltHerrn Ministerpräsidenten NRW
und VerbraucherschutzPeer Steinbrück
des Landes Nordrhein-WestfalenAm Stadttor 1
Frau Bärbel Höhn MdLM
Schwannstraße 3
40213 Düsseldorf
40476 Düsseldorf



Wasserrechtliche Zustimmung Ihrer Behörden zum Rahmenbetriebsplan Bergwerk West


Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

wir haben der Süddeutschen Zeitung Nr. 259 vom 09/10. November 2002 Seite 52 unter der Überschrift "Steinkohle Bergwerk West: In Kamp-Lintfort beginnt das Verfahren zur Erweiterung der Abbaufläche, Widerstand gegen Zechenausbau, Anlieger und Gemeinden befürchten, daß die Tieferlegung des Geländes die Hochwassergefahr am Rhein vergrößert“ folgende Passage zur Kenntnis genommen.
" Auch das Umweltministerium hat "wasserrechtliche Bedenken" gegen die DSK Pläne, sagte ein Sprecher. "Aber die reichen nicht aus, um den Rahmenbetriebsplan zu verhindern."
Im Zusammenhang mit der Planfeststellung des Rahmenbetriebsplans Bergwerk Walsum haben wir aufmerksam verfolgt, wie Sie als für den Hochwasserschutz des Landes Nordrhein-Westfalen verantwortliche Staatsministerin Ihrer Verantwortung nicht nachgekommen sind: Trotz massiver Bedenken der Ihnen nachgeordneten Behörden und der Ihrer Aufsicht unterstehenden Deichverbänden (u.a. Stellungnahme der Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 54 vom 25.01.2001) ist es dank Ihres Unterlassens einer Intervention im Landeskabinett (Art. 55 Abs. 2 der Landesverfassung) der Deutschen Steinkohle AG entgegen fachlichen Bekundungen Ihrer Fachbeamten gelungen, von der (sicherlich auch einseitig operierenden) Bergverwaltung des Landes den Rahmenbetriebsplan Walsum planfestgestellt zu bekommen. Da es sich bei den Hochwasserbedenken, die im übrigen breit in der Öffentlichkeit in einem 51-tägigen Erörterungstermin diskutiert worden sind, neben den Naturschutzbedenken um die einzigen durchgreifenden Hindernisse gegen den Bergbau handelte, tragen Sie als Staatsministerin auch für die zusätzlich geschaffenen Hochwassergefahren, insbesondere in dem linksrheinischen Bereich "Hasenfeld" sowie Kuiksgrind persönlich Verantwortung.
Da es sich bei den Hochwassergefahren um direkte Gefährdungen von Leib und Leben zigtausender Menschen handelt, vermag das Reden von Koalitionsräson Ihnen Ihre persönliche Verantwortung für den Hochwasserschutz dieses Landes nicht abzunehmen.
Während Ihrer nunmehr siebenjährigen Amtszeit sind die Deiche am Niederrhein nicht sicherer sondern unsicherer geworden: Durch ständig neue Gefälligkeitsplanungen zu Gunsten des Bergbaus haben Ihnen nachgeordnete Behörden

  • nicht nur unverantwortliche Deicherhöhungen (am Hasenfeld, Binsheimerfeld und in Mehrum) sondern auch

  • eine Deichrückverlegung (Kuiksgrind) genehmigt, wobei

  • in großen Mengen Bergematerial des Bergbaus entsorgt und eingebaut wurde.


Gerade das auch zwischenzeitlich von Ihren Fachbeamten als Fehler eingeräumte Entsorgen von Bergematerial des Bergbaus in den Deichen führt zu einer erheblichen Erhöhung der Hochwasserrisiken. Daß Sie durch Ihr Unterlassen einer Kabinettsintervention nach Art.55 der Landesverfassung nunmehr auch noch zugelassen haben, daß unter diesen höchstgefährdeten Deichabschnitten (Kuiksgrind, Hasenfeld, Am Stapp und Mehrum) Bergbau umgehen kann und damit durch Bodenbewegungen Rißbildung vorprogrammiert ist, werden die Hochwassergefahren in unerträglichem Maße erhöht. Dafür sind Sie als Staatsministerin - Frau Höhn - persönlich zur Verantwortung zu ziehen.
Wenn Sie nunmehr in der Süddeutschen Zeitung am 09./10. November 2002 durch Ihren Sprecher verkünden lassen, auch das Umweltministerium habe "wasserrechtliche Bedenken" gegen die DSK Pläne, aber "die reichten nicht aus, um den Rahmenbetriebsplan zu verhindern" so liegt dies in Ihrer Linie der mangelnden Verantwortung.
Die auch von Ihren Fachbeamten wiederum erklärten "wasserrechtlichen Bedenken" werden offenkundig von Ihrem Sprecher vom Tisch gewischt, noch bevor das Rahmenbetriebsplanverfahren entscheidungsreif ist. Diese Äußerung der politischen Leitung Ihres Ministeriums - entgegen den schriftlichen Stellungnahmen nachgeordneter Fachbeamter - erstaunt um so mehr, als die schon vorhandenen und nicht ausgeräumten Bedenken gegen den Rahmenbetriebsplan des Bergwerks Walsum sich nunmehr beim Rahmenbetriebsplan West noch erhöhen. Linksrheinisch hat sich bereits eine vom Krefelder Norden bis Xanten reichende riesige Mulde - bergbaubedingt - herausgebildet, die nur unzureichend durch die oben geschilderten bergbaubedingten Veränderungen am Banndeich zum Rhein hin geschützt ist. Nunmehr soll durch den Rahmenbetriebsplan Bergwerk West diese Mulde noch um ca. 1/3 vergrößert werden, wobei wichtige "Fluchtburgen" wie z.b. Rheinberg-Annaberg und andere vom natürlichen Geländeniveau der hochwasserfreien Gebiete 5 bis 7 m tiefer gelegt werden und damit Fluchtmöglichkeiten der Bürger entfallen.
Es besteht damit ein innerer Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Hochwasserpotentiale durch die von Ihnen verantworteten Veränderungen an der linksrheinischen Deichstruktur vom Binsheimerfeld über das Hasenfeld bis Kuiksgrind über das Unterlassen einer Intervention - und damit das Zulassen von Bodenbewegungen unter diesen höchstgefährdeten Deichabschnitten und das Entsorgen von Bergematerial in diesen hochsensiblen Deichabschnitten - bis zur Vergrößerung des Senkungstrichters.
Hinzu kommt, daß die bereits Anfang der 90er Jahre von Ihrem Ministerium beauftragten Experten ein System von Riegeln und Poldern, d.h. ein komplexes Raster von Deichen in dem riesigen Trog verlangt haben, um die Überflutung des Gesamttrichters zu verhindern. Diese Planungen sind - offenkundig aus Gefälligkeit gegenüber dem Bergbau - von Seiten Ihres Ministeriums seit Ihrem Amtsantritt gestoppt und nicht weiter geführt worden. Auch dafür tragen Sie, Frau Staatsministerin, persönliche Verantwortung.
Die Vergrößerung des Senkungstrichters macht es notwendig, daß die von Ihnen beaufsichtigte linksniederrheinische Entwässerungsgenossenschaft

  • die Erlaubnis für "ewige Tage" erhält, Brunnenwassermengen in zigmillionen Kubikmetern Größenordnung pro Jahr zusätzlich zur Verhinderung einer Überflutung der Wohngebiete (beschönigend als Flurabstandshaltung bezeichnet) erhalten muß, wobei massiv gegen alle Erkenntnisse des Grundwasserschutzes und des Nachhaltigkeitsprinzips ect. verstoßen wird,

  • und zusätzliche Pumpleistung - verbunden mit erheblichen höheren Stromverbräuchen, als dies die geförderte Steinkohle je hergeben wird - auch technisch bewerkstelligen muß, die Bürger auch bei Starkregenereignisse vor Überflutung zu bewahren.


Wir stellen fest, daß der LINEG bisher entsprechende zusätzliche Erlaubnisse zur Brunnenwasserförderung nicht erteilt worden sind. Wir mußten allerdings in dem Zusammenhang mit derartigen Pumpmaßnahmen in der Vergangenheit feststellen, daß - auch ohne Vorliegen entsprechender wasserrechtlicher Erlaubnisse - Grundwasser in Höhe von Millionen Kubikmeter pro Jahr "schwarz" gefördert wurden (Beispiel Bettenkamper Meer).
Insbesondere ist bisher ungeklärt, ob die zu Grunde gelegten Niederschlagsmengen, die Drücke- und Quellwässer im Bereich der Banndeiche sowie das aufgestaute Wasser durch Schließung der Schleusen rein technisch problemlos abgeführt werden kann. Diesbezüglich sind zu Recht in Anbetracht veränderten Niederschlagsverhaltens durch den Klimawandel Zweifel angebracht. Neuere Untersuchungen, die auch die Überlegungen der Klimaforschung mit einbeziehen, sind bisher in das Verfahren nicht eingeführt worden, obwohl dazu gerade die von Ihnen verantworteten Fachbeamten (Dezernat 54 der Bezirksregierung Düsseldorf sowie des staatlichen Umweltamtes Krefeld) zuständig wären.
Daß Sie in Anbetracht dieses erdrückenden und belastenden Materials durch Ihren Sprecher verkünden lassen, daß die wasserrechtlichen Bedenken nicht ausreichten, um den Rahmenbetriebsplan zu verhindern, bevor auch nur der Erörterungstermin begonnen hat, zeigt, daß Sie als verantwortliche Ministerin offensichtlich gar nicht daran denken, sich nunmehr Ihrer Verantwortung in dem Verfahren Bergwerk West stellen wollen.
Damit verstoßen Sie nachhaltig gegen Ihre Treuepflicht gegenüber den Ihnen anvertrauten Bürgern des Landes Nordrhein-Westfalen, die von der für den Hochwasserschutz verantwortlichen Staatsministerin erwarten, daß zumindest die von Fachbeamten vorgetragenen gefahrerhöhenden Bedenken von der zuständigen Ministerin nicht ignoriert und aus polittaktischen Gründen beiseite geschoben werden. Sie verstoßen durch Ihre unverantwortliche Verhaltensweise nachhaltig gegen den Amtseid als Staatsministerin, der Ihnen auferlegt, Schaden von den Bürgern dieses Landes fernzuhalten.
In Anbetracht dieser Verhaltensweisen haben wir dem Herrn Ministerpräsidenten dieses Landes Durchschrift dieses Schreibens zukommen lassen. Wir behalten uns vor, die Mitglieder des Landtages umfassend über Ihre unverantwortliche Verhaltensweise in geeigneter Weise laufend zu informieren.


Hochachtungsvoll
Schutzgemeinschaft Bergbaubetroffenere.V.
Der Vorstand
Rudolf Koop Volker Eisenlohr